Aus aktuellem Anlass, der Abschaffung fester Verpackungsgrößen innerhalb Deutschlands, möchte ich das rechtliche Thema „Füllmengen“ beleuchten. Für Wein, Schaumwein und Spirituosen, also auch Cachaça, bleibt zunächst alles wie gehabt. Alle anderen Lebensmittel wie Schokolade, Mehl, Milch, Bier usw. dürfen seit heute in beliebigen Mengen abgepackt verkauft werden. Bisher waren für viele Lebensmittel feste Verpackungsgrößen vorgeschrieben. Dies sollte dem Verbraucher helfen die Preise besser vergleichen zu können und ihn vor indirekten Preiserhöhungen durch kleinere Packungen schützen.
Diese Regelungen zu Verpackungsgrößen betreffen auch die Hersteller von Cachaça. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Länder individuelle Gesetze und Gewohnheiten haben. Hier ein paar wichtige Punkte:
Brasilien
In Brasilien gibt es keine gesetzlich vorgeschrieben Verpackungsgrößen für Cachaça, außer der Beschränkung auf maximal 100 cl für Endverbraucher. Dafür ist die Besteuerung von Spirituosen relativ ungewöhnlich. Erhoben wird eine Steuer auf Industrieprodukte (IPI, Imposto sobre prodtos industrializados), die sich nach dem Großhandelspreis und der Füllmenge richtet. Dabei sind vier Füllmengenklassen definiert:
bis 18 cl, 18,1 bis 37,5 cl, 37,6 bis 67 cl, 67,1 bis 100 cl
Diese ungeraden Füllmengenklassen führen dazu, dass viele (kleinere) Produzenten ihre 0,7 Liter Abfüllungen mit 0,67 Liter beschriften, um so eine niedrigere Steuer abführen zu müssen. In Brasilien ist es üblich Cachaça auch in alten Bierflaschen mit 666 ml abzufüllen, diese fallen dann automatisch gerade noch so in die dritthöchste Füllmengenklasse. Wahrscheinlich wurden die Klassen daher auch so aufgebaut.
USA
Der amerikanische Markt verlangt im Normalfall nach Füllmengen von 75 cl bzw. 100 cl bei Spirituosen.
EU und Deutschland
In der EU gibt es die bereits weiter oben erwähnte Verpackungsverordnung. Diese gilt auch in Deutschland und lässt bei Spirituosen folgende Füllmengen zu:
2 cl, 3 cl, 4 cl, 5 cl, 10 cl, 20 cl, 35 cl, 50 cl, 70 cl, 100 cl, 112,5 cl, 150 cl, 200 cl, 250 cl, 300 cl, 450 cl, 500 cl, 1.000 cl
Um den Herstellern von Spirituosen etwas entgegen zu kommen, ist eine Überfüllung von 10% gestattet. Diese darf offiziell nicht mit im Preis berücksichtigt werden. Im Endeffekt wird aber wahrscheinlich jeder Hersteller und Händler dies dennoch in seiner Kalkulation berücksichtigen.
Fazit
Am Ende müssen sich die Hersteller überlegen, in welchen Abfüllungen sie ihre Produkte auf den verschiedenen Märkten anbieten möchten. Dabei hilft es natürlich besonders kleinen Herstellern, sich auf wenige Füllgrößen zu beschränken, um die Kosten niedrig zu halten. Daher bieten manche Hersteller in Deutschland die amerikanische Flaschengröße 75 cl an. Diese wird vom Einzelhandel offiziell als großzügige Abfüllung von 70 cl verkauft. Dies trifft z.B. auf den bereits vorgestellten Casa Bucco Envelhecida sowie alle Produkte von Armazem Vieira zu.
Ob die Verpackungsverordnung für Spirituosen in der EU ebenfalls gelockert wird, hängt wohl von den Ergebnissen der aktuellen Deregulierung ab. Viele Verbraucherschützer befürchten eine versteckte Preiserhöhung durch Verkleinerung der Packungsgröße bei Beibehaltung des ursprünglichen Preises.