Adoçado – Nachgezuckert

geschrieben am 12. Mai 2011

Von der ersten Idee zu diesem Artikel bis zu dessen Veröffentlichung war es ein weiter Weg. Vor über einem Jahr, ich wunderte mich bei der Purverkostung bereits über den süßen Geschmack vieler Cachaças, fand ich das Wörtchen „Adoçado“ auf einer Flasche. Übersetzt bedeutet dies „nachgezuckert“ und brachte mich damit auf die Fährte von Produktschönungen durch Zuckerzusatz. Diese werden hauptsächlich bei industriell hergestellten Bränden durchgeführt, dazu jedoch gleich mehr.

Doch wieviel Zucker ist wirklich in einem handelsüblichen Cachaça enthalten? Da ich kein Labor zur Verfügung habe, musste ich mir einen etwas simpleren Versuchsaufbau ausdenken. Kurzenhand ließ ich 30 ml Berro d’Agua in einem Reagenzglas verdunsten. Den Restinhalt konnte ich von einer Freundin mit einer Feinwaage bestimmen lassen. Das Gewicht des weißen Restes im Reagenzglas konnte auf etwa 0,52 Gramm bestimmt werden. Das hört sich erst einmal nicht besonders viel an, entspricht aber knapp 1,7% des Gesamtgewichts der Spirituose. Somit sind in einer 0,7 Liter Flasche etwa 12 Gramm Zucker enthalten, was 5 Stück Würfelzucker entspricht.

Wie sieht die Gesetzeslage in Brasilien aus?

Cachaça kann bis zu 6 g/Liter Zucker in Form von Sacharose zugegeben werden. Bei Unterschreitung dieser Grenze ist keine Deklaration auf der Flasche notwendig. Produkte mit Zuckerzugaben zwischen 6 und unter 30 g/Liter müssen als „Cachaça adoçada“ bezeichnet werden. Der oben analysierte Berro d`Agua liegt mit etwa 17 g/Liter also in der Mitte  der zulässigen Konzentration für „Cachaça adoçada“.

Was gibt die EU zur Nachsüßung von Spirituosen vor?

Die Süßung von Spirituosen zur Geschmacksabrundung ist in der EU grundsätlich erlaubt. Für bestimmt Produkte wie Rum und Whisky / Whiskey ist sie jedoch komplett verboten. London Gin darf bis maximal 0,1 g/Liter nachgesüßt werden, was geschmacklich nicht auffallen dürfte. Cachaça wird meiner Kenntniss nach als „Rum“ importiert und dürfte somit nicht nachgesüßt werden. Wieso dies dennoch zulässig zu sein scheint, ist mir leider nicht bekannt.

Genauere Informationen zu Bestimmungen der EU zu Spirituosen lassen sich dem folgenden PDF entnehmen:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:039:0016:0054:DE:PDF

Welchen Vorteil bietet der Zusatz von Zucker?

Zunächst einmal macht der Zusatz von Zucker die jeweilige Spirituose weicher und gefälliger im Geschmack. Dies trifft insbesondere auf ungelagerten Cachaça zu. Somit lassen sich, speziell bei industriell hergestellten Zuckerrohrbränden, kleine Fehler in der Verarbeitung und Destillation kaschieren. Sowohl bei den ungelagerten als auch den gelagerten Cachaças belegten jeweils zwei „Cachaça adoçada“ die ersten beiden Plätze im von mir durchgeführten online Cachaça-Tasting. Alle nachfolgenden Plätze tragen nicht den Zusatz „adoçada“ und sind somit gar nicht oder zumindest mit weniger als 6 g/Liter Zucker nachgesüßt. Dies wirkt sich beim Mixen von Cocktails evtl. leicht auf die Rezeptur aus. Eine Caipirinha mit Cachaça adoçada benötigt weniger Zucker als der identische Drink mit ungesüßtem Zuckerrohrbrand.

Welche Rolle spielt Karamell als Zusatz in Cachaça?

Die Zugabe von Karamell oder genauer gesagt Zuckercouleur in gelagerten Cachaça ist zur Farbkorrektur zulässig. Dabei muss beachtet werden, dass diese Form der Produktvereinheitlichung bei nahezu allen im Holzfass gelagerten Spirituosen praktiziert wird. Die Süßkraft dieser Stoffe kann aufgrund der geringen Zugabe in das Endprodukt und dem Fehlen von Kohlenhydraten als nicht gegeben bezeichnet werden.

Ist ein Cachaça schlechter, wenn er (leicht) süßlich schmeckt?

Speziell „Cachaça adoçada“ schmecken teilweise so penetrant süß, dass die restlichen Aromen der Spirituose überlagert werden. Es ist jedoch nicht so, dass immer ein Zuckerzusatz vorliegt, sobald ein Brand leicht süßlich schmeckt. Vielmehr kann dieser Eindruck auch von Fuselstoffen bzw. anderen Alkoholen wie Glycerin hervorgerufen werden.

Für die Mithilfe bei der Recherche zu diesem Artikel möchte ich mich bei Herbert Rugel von Serra das Almas und Dietrich Flath von Cachaca-Online bedanken! Es würde mich freuen, wenn andere Blogs dieses Thema aufgreifen und für weitere Spirituosen behandeln würden.

Melon Mood

bewertet am 05. Mai 2011 mit

Mit einer Durchschnittswertung von 6,73 belegte der Melon Mood den zweiten Platz im Cachaça Mixwettbewerb bei Cocktails & Dreams. Dies ist nur wenige Hundertstel schlechter als der Siegerdrink und war somit eine recht knappe Sache. Urheber der Kreation, die hauptsächlich auf Cantaloupe-Melone basiert, ist das Forumsmitglied Der Praktikant. Soweit ich weis absolviert er gerade eine Ausbildung in der Gastronomie des südbadischen Freiburg. Die Cantaloupe-Melone ist eine eher kleine Zuckermelone und reich an Ballaststoffen, Vitamin C sowie Betakarotin.

Zunächst einmal hatte der Cocktail mit die schönste Garnitur im Wettbewerb. Das Aroma wird klar von der Cantaloupe-Melone dominiert, der Cachaça kann sich nur schwer durchsetzen. Die Minze kommt ein bisschen zum Vorschein und verleiht dem Drink etwas Frische. Insgesamt ist dieser wohl eher für die warme Jahreszeit gedacht und passt dazu auch ziemlich gut.

Bei der Auswertung der Bewertungen war auffällig, dass vor allem Freunde und Verwandte der Forumsmitglieder Gefallen an dem Cocktail gefunden haben. Die Forumsmitglieder selbst gaben nicht ganz so hohe Bewertungen ab. Dies mag an dem zwar guten aber doch etwas eindimensionalen Geschmack liegen, der hauptsächlich vom Melonenaroma dominiert wird. Auch die aufwändige Zubereitung bestehend aus einem Mazerat, einem Sirup und dem langwierigen Abseihen mag dazu beigetragen haben.

Zutaten:

  • 6 cl Melonenachaça
  • 2 – 2,5 cl Cantaloupe-Melonensirup
  • 3 cl Zitronensaft
  • 6 – 8 Blätter Minze
  • Cantaloupe-Melone

Zubereitung:

Mixglas halb mit Melonenstücken füllen, zerstößeln und die weiteren Zutaten zugeben. Mit Eiswürfeln schütteln und doppelt in ein kleines Cocktailglas abseihen. Mit Melone und Minze garnieren.

Zubereitung Melonenachaça:

Cantaloupe-Melone würfeln, in ein fest verschließbares Gefäß geben, mit ungelagertem Cachaça auffüllen bis die Fruchtstücke bedeckt sind und etwa 18 Stunden mazerieren lassen. Wenn der Geschmack ausgewogen ist, muss die Flüssigkeit abgeseiht werden. Der Melonencachaca ist nicht lange lagerfähig, daher sollte nur eine kleine Menge hergestellt werden.

Zubereitung Cuantaloupe-Melonensirup:

Melone auspressen durch Zerstoßen oder in einer Zitruspresse. Anschließend den Saft abseihen und im Verhältnis 1:1 mit raffiniertem Rohrzucker einen Sirup kochen.

Weber Haus Prata

bewertet am 29. April 2011 mit

Die Familie Weber, ausgewandert aus Deutschland, begann bereits 1848 mit der Herstellung von Rum zum Eigenbedarf. 1949 wurde in Ivoti, Bundesstaat Rio Grande do Sul, eine offizielle Destillerie errichtet, deren Mühle von Maultieren angetrieben wurde. Die Kinder übernahmen den Betrieb und modernisierten ihn ständig. Im Jahr 1980 wurde der Markenname Weber Haus eingeführt. Im Wettbewerb mit vielen industriellen Produzenten wird der dort gebrannte Cachaça immer noch handwerklich hergestellt. Das Zuckerrohr wird im Hochland angebaut und nach der Ernte am gleichen Tag weiterverarbeitet. Dadurch kommt es zu keiner unkontrollierten Gärung und die Qualität wird verbessert. Die Destillation erfolgt in Brennblasen aus Kupfer mit Hilfe des Pott Still Verfahrens. Vor- und Nachlauf werden großzügig abgestrennt, um nur das Herz der Destillation weiterzuverwenden. Weber Haus Prata wird, anders als es die Klarheit des Brandes vermuten lässt, vor der Abfüllung ein Jahr in Eichenfässern gelagert.

An der Nase kommt zunächst ein deutlich stärkerer Alkohol an, als man es bei 38% vermuten würde. Außerdem sind geschnittenes Gras sowie leichte Fassaromen präsent. Eine leichte Süße dominiert zunächst den Geschmack ehe auch hier geschnittenes Gras und eine leichte alkoholische Schärfe hervorkommen. Fassaromen sind ebenfalls Bestandteil des Geschmacks. Insgesamt stellt sich der Brand als durchaus rund aber etwas unspektakulär dar.

Beim großen online Cachaça-Tasting belegte Weber Haus Prata dritten Platz unter den ungelagerten Bränden.

Erhältlich ist dieser Cachaça bei Cachaça-Online zu einem Preis von etwa 20 Euro für die 0,7 Liter Flasche.

Sugarcane vs the Green Devils

bewertet am 20. April 2011 mit

Ehre wem Ehre gebührt – der Siegerdrink macht den Anfang. Der nach Jurymeinung beste Cocktail aus dem Cachaça Mixwettbewerb bei Cocktails & Dreams ist der Sugarcane vs the Green Devils. Zahlreiche Forenmitglieder tippten bereits auf Sascha Junkert als Urheber, da er bekanntermaßen ein Faible für Rhum Agricole besitzt. Mit einem Durchschnitt von 6,79 belegte er klar den ersten Platz im Wettbewerb. Die Rezeptur vereint verschiedene Destilate aus Zuckerrohr mit den „Green Devils“. Diese sind Chartreuse Verte und Absinth, beides hoch aromatisch und daher nur in kleinen Dosen enthalten. Als Basis dienen eine süß/sauer Mischung mit Limettensaft und ein kleines bisschen Grapefruitsaft, der vorzugsweise frisch gepresst sein sollte.

Auf Basis eines Rum/Cachaça Sours kommt ein aromatischer Cocktail zu Stande. Die drei verschiedenen Zuckerrohrdestilate bilden eine schöne alkoholische Basis. Kräuterlikör und Absinth verleihen dem Drink eine gewisse Würzigkeit und machen ihn wirklich interessant. Mit jedem Schluck entdeckt man neue kleine Eigenheiten, der Drink wird beim Genuss nicht langweilig. Dennoch ist die Rezeptur klar und sachlich. Meiner Meinung nach hat der Cocktail verdient gewonnen, auch bei meiner Wertung war er ganz vorne mit dabei.

Zutaten:

  • 4 cl gelagerter Cachaça (Ypioca 150)
  • 2 cl gelagerter Rhum Agricole (Clément VSOP)
  • 0,5 cl Overproof Rum (Goslings Black Seal 151)
  • 0,25 cl Chartreuse Verte
  • 2 cl Rohrzuckersirup
  • 2 cl Limettensaft
  • 1 cl Grapefruitsaft (frisch)
  • 4 Tropfen Absinth

Zubereitung:

Alle Zutaten mit einigen Eiswürfeln schütteln. Doppelt in ein vorgekühltes Martiniglas abseihen.

Auswertung zum Cachaça Mixwettbewerb bei Cocktails & Dreams

geschrieben am 11. April 2011

Nachdem in drei Wochen insgesamt 14 Rezepte zum Cachaça Mixwettbewerb bei Cocktails & Dreams eingereicht worden waren, endete gestern die fünfwöchige Bewertungsphase. Am Ende stützt sich die Auswertung auf 359 Einzelwertungen von 35 verschiedenen Testern. Einige Forumsmitglieder haben Testabende ausgerichtet und so die virtuelle Jury um Freunde und Familienangehörige erweitert. Auch ich hatte insgesamt fünf Freunde zu Gast, die mit mir alle mixbaren Rezepte bewertet haben. Kurz vor Beginn habe ich alle Zutaten außer Mangalore auf meinem Tresen versammelt.

Die Rezepte waren aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit bereits ein großer Gewinn. Bei manchen Rezepturen kam der Cachaça zwar nicht mehr so sehr zur Geltung, ein richtig schlechter Cocktail fand sich meiner Meinung nach jedoch nicht im Testfeld. Am Ende liegen die durchschnittlichen Bewertungen von 6,79 bis 4,34 sowieso recht nahe beisammen. Errechnet wurde dieser Wert jeweils aus 19 bis 30 Einzelbewertungen. Die Hürde von mindestens fünf Bewertungen übertrafen somit selbst aufwändige Rezepturen wie der Melon Mood ohne Probleme. Das folgende Diagramm zeigt die Platzierung an Hand der durchschnittlichen Bewertung.

Somit geht die Flasche Magnifica Reserva Soleira für den ersten Platz an Sascha Junkert aus Stuttgart. Der  Cachaça war von Alexander Troppmann, Betreiber der Cocktailcommunity Cocktails und Dreams sowie des Onlineshops Barfish, während des laufenden Wettbewerbs als Preis ausgelobt worden. An dieser Stelle meinen herzlichen Glückwunsch zum ersten Platz für den Sugarcane vs the Green Devils, der ungelagerten Cachaça und gelagerten Rhum Agricole vereint. Den Cocktail werde ich in der kommenden Woche noch einmal gesondert auf meinem Blog vorstellen. Auch die anderen gutplatzierten Rezepte werden in der nächsten Zeit nach und nach eine Erwähnung finden.

Wer die genauen Wertungen anschauen und die Berechnung nachvollziehen möchte, kann sich auf scribd.com das folgende PDF anschauen.

Endauswertung Mixwettbewerb

Mein eigener Drink, der Brazilian Haselnut Old Fashioned, stieß offenbar auf geteilte Meinungen. Während er von den Forumsmitgliedern eher gut empfunden wurde, hatten die Freunde und Familienangehörigen kaum Punkte für die Rezeptur übrig. Am Ende reichte es gerade einmal für den vorletzten Platz. Für massentaugliche Eigenkreationen muss ich mich wohl noch mehr mit der gut funktionierenden Zusammensetzung beschäftigen.

Während des Wettbewerbs gaben mehrere Forumsmitglieder Vermutungen ab, welches Rezept von welchem Mitglied stammen könnte. Obwohl das Teilnehmerfeld nicht bekannt war, lagen die Vermutungen teilweise doch genau richtig. Offenbar haben manche Rezepte eine bestimmte Handschrift, die auf einzelne Urheber zurückschließen lässt. Eine wirklich gute Idee, die wir beim nächsten Wettbewerb vielleicht noch etwas geordneter durchführen könnten.

Ich hoffe alle Teilnehmer als auch die Tester hatten viel Spaß bei der Umsetzung dieses Wettbewerbs. Meiner Meinung nach war er eine tolle Sache und muss dringend mit einer anderen Spirituose widerholt werden. Die Berichterstattung hierzu darf dann aber aufgrund dem fehlendem Bezug zu Cachaça gerne jemand anderes übernehmen. Meine Freunde und ich hatten eine angenehmen Abend mit vielen abwechslungsreichen Cocktails und selbst wenn nicht jedes Rezept auf Gegenliebe traf, so schulten wir doch ein wenig unsere Geschmacksnerven. Für Diskussionen zum Wettbewerb und den Rezepten gibt es einen Beitrag im Forum von Cocktails & Dreams.